Redaktionen fragen - Bräuer antwortet

 

1.     Wie schätzen Sie die aktuelle Lage unserer Region ein und welches ihrer Meinung nach sind die wichtigsten Aufgaben, die von der Politik in Angriff genommen werden müssen?

Unser Region ist wirtschaftlich geprägt durch die Eisen- und Stahlverarbeitung und die Automobilindustrie. Beide Branchen haben die Zukunftstrends in den vergangenen 3-4 Boomjahren verschlafen, obwohl sie, wie VW mit dem Dreiliter-, ja sogar dem Einliter-Auto, den Einstieg in ökologische Zukunftstechnologien zumindest konzeptionelle, in Ansätzen (siehe: Dreiliter-Auto) bereits vollzogen hatten. Hier muss dringend umgesteuert werden, hin zu einem ökologischen und solidarischen Umbau unserer Gesellschaft auch in Gifhorn und Peine. Mit einer gut ausgebildeten Bevölkerung, technologischen Schlüsselbereichen in der Region und einem guten Zusammenhalt, der nicht von den Oberzentren Braunschweig und Wolfburg im egoistischen Eigeninteresse zerstört werden darf, sind wir dafür gut gerüstet.

 

2.     Was wünschen Sie sich inhaltlich von der nächsten Bundesregierung? (unabhängig von der Frage, ob ihre Partei Regierungsverantwortung übernimmt)

Ich wünsche mir, dass sie sich für eine weitere Zivilisierung der Außenpolitik, für atomare Abrüstung, die Lösung der Nahostprobleme und für eine nachbarschaftliches Miteinander zwischen Orient und Okzident einsetzt. Dazu gehört auch der Atomausstieg, der Verzicht auf die sog. friedliche Nutzung der Atomenergie, die ohne die militärische Option keinen Sinn macht.

 

3.     Welches sind die Stärken Ihrer Partei, mit denen Deutschland nach der Finanzmarktkrise wieder auf den richtigen Kurs gebracht werden kann?

Ich halte es für einen eklatanten Fehler der großen Koalition, den Banken mit diesen schwindelerregenden Summen Unterstützung gegeben zu haben, sogar ohne das dem Staat adäquate Einflussmöglichkeiten gesichert wurden. Diese Hypothek auf die Zukunft wird die staatlichen Handlungsmöglichkeiten bis auf Null reduzieren, wenn sich der Staat nicht möglichst schnell wieder die notwendigen finanziellen Ressourcen beschafft.  

Am besten geschieht dies durch die Einführung einer Finanzumsatzsteuer, die einerseits den Finanzsektor an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligt und andererseits in Zukunft die Spekulationen bremst und damit das Entstehen neuer Krisen vermeiden hilft. Die Finanzumsatzsteuer soll sowohl auf Umsätze an den einzelnen Börsenplätzen als auch auf Geschäfte zwischen Währungsräumen erhoben werden. Darüber hinaus müssen all diejenigen zur Kasse gebeten werden, die von den Spekulationen im Finanzsektor überdurchschnittlich profitiert und große Vermögen angehäuft haben. Dazu muss die Besteuerung von Gewinnen aus dem Verkauf von Unternehmensbeteiligungen wieder eingeführt werden, der Spitzensteuersatz wieder angehoben und das Erbschaftssteueraufkommen aus großen Vermögen erheblich gesteigert werden. Der Rest wird über eine zeitlich befristete, einmalige Vermögensabgabe nach Artikel 106 des Grundgesetzes zweckgebunden für die Kosten zur Bewältigung der Krise gedeckt werden müssen, die allein dem Bund zusteht.

 

4.     Warum sollten unsere Leser Ihnen ihre Erststimme geben?

Ich bin seit meiner Studienzeit in den 70er Jahren politisch aktiv. Zunächst in der außerparlamentarischen Bürgerinitiativbewegung gegen Atomenergie, in der Dritte-Welt-und in der Gewerkschaftsbewegung. Als hauptamtlicher politischer Geschäftsführer des Bundeskongress entwicklungspolitischer Aktionsgruppen habe ich die großen Friedensdemonstrationen Anfang der 80er Jahre mit konzipiert und mit organisiert. Als ehemaliger Kreistagsabgeordneter in Peine und Mitglied der Verbandversammlung des Großraums Braunschweig kenne ich die "Niederungen" der Kommunalpolitik ebenso, wie die Landespolitik, die ich als Kabinettreferent der Landesumweltministerin Bärbel Höhn in NRW kennengelernt habe, wie auch die Bundespolitik, die ich als wirtschaftspolitischer Referent einer Bundestagsabgeordneten und derzeit als Referatsleiter in der Grundsatzabteilung des Bundesumweltministeriums mit gestalten darf.

Diese breite Erfahrung auf unterschiedlichen Politikebenen würde ich gern in einem Bundestagsmandat einsetzen, um die drängenden Gegenwartsprobleme einer zunehmen labiler werden internationalen Wirtschaftsordnung, des drohenden Klimakollaps und der zunehmend Spaltung zwischen Armen und Reichen, die auch sehr direkt die Region Peine-Gifhorn/Südostniedersachsen betreffen, bewältigen zu helfen.

1.) Wie wollen Sie die Verschuldung der Bundesrepublik begrenzen?

Es war ein Fehler, die Banken zu stützen ohne dem Staat echten Einfluss zu sichern. Der Staat muss sich schnell refinanzieren, bei denjenigen, die von der Spekulation profitiert haben und darf sich nicht in seinen Handlungsmöglichkeiten durch die beschlossene Schuldenbremse im Grundgesetz beschneiden lassen.

 

2.) Woher kommt überhaupt das Geld für die Verschuldung? 

Aus der Einführung einer nationalen und internationalen Finanzumsatzsteuer, der Besteuerung von Gewinnen aus Unternehmensverkäufen, einer Wiederanhebung des Spitzensteuersatzes und der Erbschaftssteuer auf große Vermögen und für den Rest aus einer einmaligen Vermögensabgabe zweckgebunden für die Kosten der Krise.

 

3.) Was passiert in der Wirtschaftsdelle nach Abwrackprämie und Konjunkturprogramm?

Es ist zu befürchten, dass nach der Bundestagswahl im Herbst 2009 mit wachsender Arbeitslosigkeit die Krise bei den Menschen ankommt. Weil die Wirtschafts- und Finanzkrise mit einer Strukturkrise verbunden ist, hilft hier nur ein energisches und schnelles Umsteuern durch einen ökologischen Umbau der Wirtschaft.

 

4.) Wer profitiert von den gekürzten landwirtschaftlichen Betriebsprämien, die in die Modulation fließen?

Sie fließen in die Entwicklung des ländlichen Raums, so dass von den Modulationmitteln die Landwirte, aber auch die übrige Bevölkerung auf dem Lande profitiert. Die Förderung des ökologischen Landbaus, der regionalen Vermarktung, der artgerechten Tierhaltung und von Agrarumweltmaßnahmen – eine nachhaltige Landwirtschaft - erhält die ländlichen Regionen lebenswert.

 

5.) Wie stehen Sie zur Energiepolitik?

Der "Untergang" der ASSE zeigt: die Atompolitik steht vor dem Offenbarungseid. Er bedeutet das Ende von Gorleben und  die Ungültigkeit der Entsorgungsnachweise aller Atomkraftwerke. Sie müssen umgehen abgeschaltet werden. Die Versorgunglücke decken bereits heute die Erneuerbaren Energie. Durch ihren Ausbau und Energieeinsparungen können auch die fossilen Kraftwerke überflüssig gemacht werden.

 

1. Wie wollen Sie die heimische Stahl- und Autozuliefererindustrie voranbringen, die von der Finanzkrise voll erwischt wurde?

Leider haben beide Branchen die Zukunftstrends in den vergangenen 3-4 Boomjahren verschlafen, obwohl VW mit dem Dreiliter-, ja sogar dem Einliter-Auto, und die Salzgitter AG mit der neuen Bandgießanlage den Einstieg in ökologische Zukunftstechnologien bereits vollzogen haben. Jetzt muss vollständig umgesteuert werden in einen ökologisch-sozialen Umbau unserer Wirtschaft und Gesellschaft, auch in Gifhorn und Peine: ökologisch verträgliche Antriebstechniken in allen neuen VWs, Ausbau der Erneuerbaren Energie (bereits 20% der Stahlproduktion) und Zusammenschluss zu intelligenten "virtuellen Kraftwerken", umfassende energetische Gebäudesanierung, ökologische Beschaffung bei Kommunen und öffentlichen Einrichtungen, Hebung von Energie- und Ressourceneffizienzpotentialen in Industrie, Handwerk und Landwirtschaft, Nutzung erneuerbarer und sekundärer Rohstoffe, Ausbau der Bildungsangebote vom Kleinkind bis zum Greis. Mit einer bereits gut ausgebildeten Bevölkerung, technologischen Schlüsselbereichen und einem guten Zusammenhalt in der Region können wir es schaffen.


2. Wie machen Sie die Autobahn 2 sicherer?

Als vordringlichste Maßnahme sehe ich den "Lückenschluss" bei der Verkehrslenkung zwischen Hannover und der Grenze zu Sachsen-Anhalt. Darüber hinaus kommt es jedoch darauf an, den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, in dem die Schiene durch kürzere Umsteige- und Taktzeiten und die bessere Anbindung an den Fußgänger- und Fahrradverkehr, aber auch den Autoverkehr attraktiver wird. Dazu sollten die IC nicht nur zweimal täglich, sondern regelmäßig wieder in Peine halten, eine umsteigefreie Anbindung an den ICE-Bahnhof Wolfsburg für Berufspendler zum VW-Werk und für Fernpendler nach Berlin geschaffen werden, die S-Bahn aus Hannover bis nach Braunschweig weitergebaut und mit einer im den Großräumen gleichermaßen gültigen Fahrkarte befahren werden können. Außerdem ist darüber nachzudenken, ob nicht die Peine-Ilseder-Eisenbahn wieder reaktiviert und darüber eine Verbindung nach Salzgitter und zum ICE-Bahnhof Hildesheim möglich ist. Für den Großraum Braunschweig ist endlich auch der Bau der Regionalstadt bis Gifhorn und bis Hankensbüttel und auch bis Peine nötig. Von und den Bahnhöfen müssen gut vertaktete Busverkehre und wo das Fahrgastaufkommen nicht ausreicht, flexible Vekehre mit Rufbussen und Sammeltaxis eingerichtet werden.

3. Wie hoch muss der Mindestlohn in Deutschland sein?

In einem ersten Schritt sollte ein flächendeckender Mindestlohn von 7,50 € eingeführt werden, der schrittweise an den Mindestlohn in unseren europäischen Nachbarländern (Frankreich, Luxemburg) angepasst wird. Damit muss verhindert werden, dass Menschen mit einer Vollzeitstelle nicht von ihrem Lohn leben und ihre Kinder ernähren und in einem angemessenen Lebensumfeld aufwachsen lassen können. Der Mindestlohn markiert allerdings nur die Untergrenze. Darüber hinaus sind Beschäftigten selbst gefordert, sich in den Gewerkschaften zu organisieren, ihre Interessen als abhängig Beschäftigte zu vertreten und einen gerechten Anteil an den von ihnen erarbeiteten Werten notfalls mit Arbeitskampfmaßnahmen einzufordern. Das Eintreten für die eigenen Interessen kann und darf uns der Staat nicht abnehmen.

 

4. Welche Regierungskoalition wünschen Sie sich nach dem 27. September?

Natürlich eine GRÜNE Alleinregierung !! Aber das ist leider nicht realistisch. Daher müssen wir der linken Mehrheit in unserem Land zum Durchbruch verhelfen. Dazu ist vor allem die SPD gefordert, ihre Wähler zu mobilisieren und endlich über ihren Schatten zu springen und eine rot-GRÜN-rote Koalition zu ermöglichen. Es kann doch nicht sein, dass ein solches Projekt an einigen alten Männer scheitert, die sich verhalten wie sitzengelassene Eheleute in der Schmollecke. Unserer Land darf nicht den Schwarz-Gelben überlassen werden, die mit ihrer neoliberalen Politik, der Weiternutzung der Atomenergie, der Abschaffung von Kündigungsschutz und sozialer Sicherung, der weiteren Privatisierung von Volksvermögen, der Deregulierung unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus etc. die sozial Schwachen und die Mittelschichten schutzlos dem Wüten der Märkte ausliefern wollen und damit unser Land zugrund richten. Dies nicht zu verhindern würde bei der SPD von Politikunfähigkeit und von grober Verantwortungslosigkeit gegenüber unserem Land zeugen.

 

5. Sie haben einen Wunsch frei. Was würden Sie sofort im Kreis Peine umsetzen?

Hier geht es um eine Bundestagswahl und der Bund kann nach dem Grundgesetz und der Föderalismusreform kaum etwas direkt auf kommunaler Ebene umsetzen. Wenn ich jedoch die Möglichkeit hätte, würde ich umgehend eine Kreis-Energie- und Rohstoffagentur gründen, die Privatpersonen, Handwerksbetriebe, Landwirte und die Industrie, aber auch die Kommunen selbst bei energetischer Sanierung von Gebäuden, bei Energie- und Rohstoffsparmaßnahmen in Betrieben, bei der Kaskadennutzung und dem Recycling von Wertstoffen, bei Nutzung erneuerbarer Energien und Rohstoffe und bei Schaffung regionaler Wirtschaftskreisläufe berät, die die Wertschöpfung im Landkreis Peine und der Region hält. Einen entsprechenden Vorschlag habe ich bereits im Kommunalwahlkampf und auch persönlich gegenüber dem SPD-Landrat und seinem CDU-Baudezernenten gemacht und meine Unterstützung angeboten. Passiert ist nichts. Beide schlafen den Schlaf der Gerechten und lassen für den Kreis und die Region eine Chance verstreichen.

 

 

 

 

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