30 Jahre GRÜNE im Landkreis Peine - Die Beach-Party

Rede von Brigitte Pothmer bei der Veranstaltung zum dreißigjährigen Parteijubiläum in Peine.

Liebe Freundinnen und Freunde,

ein dreißigjähriges Parteijubiläum ist in der Geschichte Deutschlands vielleicht keine große Kategorie. Aber wenn man bedenkt, dass uns Grünen eine Überlebenschance von kaum mehr als zwei, drei Jahren gegeben wurde, dann haben wir es heute fast mit einer Sensation zu tun.
 
Im Nachhinein kann ich sogar verstehen, warum politische und journalistische Zeitzeugen dem Projekt Grünen-Gründung damals mit soviel Skepsis begegneten.

Bauplatzbesetzer begegneten radikalen Feministinnen; kompromisslose Brockdorf-demonstranten diskutierten mit Christen, Pazifisten mit Vogelschützern und Punks mit Schlipsträgern. So ungefähr präsentierte sich der Gründungs-parteitag 1980 in Karlsruhe der Öffentlichkeit.

Und alle saßen mit im Saal:

  • natürlich war Petra Kelley da,
  • auch der Maler Joseph Beuys,
  • der DDR-Dissident Rudolf Bahro,
  • der Schriftsteller Carl Amery,
  • der Gewerkschafter Willi Hoss und
  • der Ökobauer Baldur Springmann in seinem bunt bestickten Russenkittel.

"Drinnen tobt die Hölle", heißt es in einem Artikel. "Tränen fließen, Schreien gellen, Köpfe röten sich in Purpurne und eine Delegierte vom Kreisverband Breisgau-Hochschwarzwald bittet darum, dass alle Delegierten ein frohes Lied anstimmen." So ungefähr hat sich der Urknall der Grünen abgespielt.

 

Und heute können wir in Kommentaren lesen, das die Grünen auf dem Weg zu einer Volkspartei sind. Die Süddeutsche Zeitung schreibt z.B. zur NRW-Wahl:

"Im Vergleich zur FDP sind die Grünen, was Werte, Programmatik und soziologischer Zuschnitt angeht, langsam auf dem Weg zu einer Volkspartei. Und weiter: "Wie eine Partei erfolgreich sein kann, die sich mit ihren Sympathisanten wandelt, zeigen die Grünen. Aus der einstigen Öko-Müsli-Partei ist eine politische Vereinigung geworden, die ein umfassendes Programm zu bieten hat.“

Danke an den Autoren und Gratulation für soviel politischen Scharfsinn. Die Analyse stimmt.  

Und dieses Zeugnis wird uns ausgestellt mitten in der tiefsten Krise der BRD seit Bestehen.

Wir sind nicht mehr die Schönwetterpartei, wir sind die Krisenrettungspartei.

Immer mehr Menschen verstehen, dass wir einen Plan für den Umbau der Gesellschaft  haben, der besser ist und weiter geht als alles was andere zu bieten haben
 
Die Grünen werden für immer mehr Bürger die konstruktive Kraft, der Hoffnungsschimmer in einer immer unsichereren Zeit, in einer von vielen oftmals als taumelnd erlebten Politik. 

Wir haben Ökologie und Ökonomie und Solidarität immer zusammen gedacht.

Keine der kleinen und großen und keine der nationalen und internationalen Krisen lässt sich heute isoliert betrachten, geschweige denn isoliert lösen.

"Global denken – lokal handeln" – diese Losung aus unserer Gründerzeit erweist sich einmal mehr als universelle Weisheit.

Liebe Freundinnen und Freunde,
früher hießen wir die Grünen Spinner. Erinnert Euch: Solarstrom galt vor dreißig Jahren als Phantasterei. Heute ist er wettbewerbsfähig. Die Hersteller und Anbieter gehen an die Börse, die Umsätze explodieren. Ökolandbau galt noch vor 20 Jahren als wirklichkeitsfremd. Heute boomt die Branche, es ist "in", sich Bio zu ernähren. Der Markt expandiert.

Ökostrom, Blockheizkraftwerke, Windräder, das rot-grüne Erneuerbare-Energien-Gesetz galt noch vor 10 Jahren als grüne Spinnerei. Es hat mittlerweile über 250.000 neue Arbeitsplätze gebracht. Der volkswirtschaftliche Nutzen wird auf etwa sechs Milliarden Euro geschätzt. 
Bioenergiedörfer, wie das im niedersächsischen Jühnde, sind national und international beliebte Reiseziele geworden.

Liebe Freundinnen und Freunde,
da lässt man sich gern als grüne Spinnerin bezeichnet.
Wir sind in guter Gesellschaft: alle, die über Lösungen für die Probleme von morgen und übermorgen nachgedacht haben und daraus innovative Politik für heute machen wollten, wurden als Spinner bezeichnet.

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir haben in der kurzen Geschichte der grünen Partei wirklich viel durchgesetzt:

vor allem mehr Umweltbewusstsein und mehr Toleranz.  

Dass eine Frau Kanzlerin ist, ein Schwuler Außenminister, ein Gehandicapter das Finanzressort leitet und ein Mann mit Migrationshintergrund das Gesundheits-ministerium, drückt einen Teil dieses kulturellen Wandels aus.

 

Das ist so - auch wenn die eben Genannten das falsche  Parteibuch in der Tasche haben. Deshalb kann man uns und Euch und der Welt nur herzlich zum 30-Jährigen Jubiläum der Grünen in Peine gratulieren!  

Keine Gratulation ohne Geschenk.

Peine gilt als Stahlstadt. Dieser Werkstoff und seine maschinelle Verarbeitung war Ausgangspunkt für die Industriealisierung und hat somit viele Menschen in Lohn und Brot gebracht, wenn auch viele Produkte nicht gerade zum Segen der Menschheit gereicht haben und die Ökobilanz von Stahl nicht nur positiv ist

ABER: ohne Zweifel wäre die Menschheit ohne Stahl um Etliches ärmer.

Mein ganz persönliches LOB DES STAHLS geht deshalb heute an eine durch und durch sinnvolle, ja man möchte sogar sagen: Jahrhundert-Erfindung.

 

Es handelt sich um ein sowohl kulturelles als auch verkehrstechnisches Meisterstück,überdies vorbildlich in der ökologischen Effizienz und in der Steigerung der Volksgesundheit: DAS FAHRRAD.

Ist es nicht eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet ein Autobauer -nämlich der deutsche Industrielle Adam Opel - das allerhöchste Lob auf das Fahrrad ausgesprochen hat. Zitat: "Bei keiner anderen Erfindung ist das Nützliche mit dem Angenehmen so innig verbunden, wie beim Fahrrad".
Das eindrucksvollste Kompliment jedoch, das eine grüne Frau für das Fahrrad lesen kann, habe ich in einer Lobrede von 1901 gefunden, in der es heißt:

"Dem Fahrrad verdankt unsere Frauenwelt die freiere Stellung, die sie heute in der Öffentlichkeit wahrnimmt. Das Fahrrad holte die Haustöchter vom Strickstrumpf und hinter dem Kochtopf weg ….., erzog sie zu selbstständigem Handeln, gab ihnen die Möglichkeit, sich außerhalb des Hauses frei zu bewegen und hat damit auch den Boden für die freie Berufstätigkeit der Frau geebnet."

Sag ich doch: eine wahre Jahrhunderterfindung.

Dieser Erfindung, der Stadt Peine und ihren Grünen ist dieser "dekorierte Stahlstab mit Signalanlage" gewidmet. (Könnte glatt eine Beuys-Installation sein) 30 Fahrradklingeln, die allezeit daran erinnern sollen, dass wir Grünen dafür da sind, die Gesellschaft auf Trab zu halten, ihre Mobilität klimaneutral zu gestalten und Sturm zu klingeln, gegen jede Art von gesellschaftlicher Ungerechtigkeit und Ignoranz.  

Drückt auf die Klingel, schlagt Alarm, macht Euch bemerkbar – "für Ökologie und Solidarität" im Alltag und besonders bei den nächsten Kommunalwahlen.  

Grüne haben tolle Ideen und Grüne haben tolle Leute.  

Ich bin mir sicher, Ihr werdet in diesem schönen Peine hervorragende Ergebnisse erzielen;

auch wenn Eure Stadt – zugegebenermaßen - strukturell für unsere Partei nicht ganz so einfach zu bewerben ist wie zum Beispiel mein Zweitwohnsitz Berlin-Kreuzberg. Aber hier wie da gilt: Aus der Krise hilft nur Grün!  



zurück

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>