Zukunft der Jugendwerkstätten - langfristige Sicherheit oder weitere Hängepartie?

Die beiden Angebote in Peine in Trägerschaft des Caritasverbandes für den Landkreis Peine e.V. und der Labora GmbH besuchte jüngst Julia Willie Hamburg, bildungspolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion in Niedersachsen. Begleitet wurde sie dabei von den beiden Sprecherinnen des Peiner Kreisverbandes der Grünen, Claudia Wilke und Stefanie Weigand. Anlass war der Wunsch der Goslarer Abgeordneten, sich einen Eindruck über die Arbeit der Werkstätten in ihrem Zuständigkeitsbereich unter der derzeitig unsicheren Finanzierungssituation zu machen. 

 „Obwohl bereits im September letzten Jahres alle Fraktionen im niedersächsischen Landtag einstimmig eine Verstetigung der Finanzierung der Jugendwerkstätten beschlossen haben und sich damit verpflichtet haben, die rund 100 Jugendwerkstätten im Land dauerhaft finanziell abzusichern, sind bisher keine verbindlichen Entwicklungen hin zu diesem Ziel erkennbar“, erklärt die Bildungspolitikerin anlässlich des Besuchs. Stattdessen gibt es lediglich eine Zusage für eine Finanzierung bis Mitte 2022 aus Restmitteln des Europäischen Sozialfonds, über den die Jugendwerkstätten bisher größtenteils finanziert wurden und der in seiner bisherigen Form ausläuft. „Planungssicherheit sieht anders aus“, stellt Julia Willie Hamburg fest. 

Dr. Axel Bruder, Geschäftsführer der Labora, und Gerhard Nolte, Geschäftsführer des Caritasverbandes, bestätigten diese Einschätzung. Beide betonten, welch engagierten Einsatz das sozialpädagogische Personal in der anspruchsvollen Arbeit mit dieser Zielgruppe leistet, äußerten jedoch auch ihre Befürchtungen, dass ihre erfolgreichen Projekte dem bestehenden Fachkräftemangel durch die unsichere Finanzierungssituation zum Opfer fallen könnten, denn langfristige oder gar unbefristete Arbeitsverhältnisse könnten sie ihren Mitarbeiter*innen so nicht bieten. Dabei blickten beide Träger auf langjährige Erfolgsgeschichten zurück.  

Sebastian Templin, Bereichsleiter der Labora und seine Kollegin des Caritasverbandes, Katharina Schmitz, berichteten im Gespräch von etlichen ehemaligen Teilnehmer*innen, deren Biografien sie weiterverfolgen dürften und die mittlerweile erfolgreich im ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen konnten. Auch zwei aktuelle Teilnehmer des Programms nahmen am Austausch der Gruppe teil und berichteten über ihre eigenen Erfahrungen. „Durch die Jugendwerkstatt habe ich sehr starken Aufwind bekommen. Ich werde in meinem Berufswunsch gestärkt und mit der intensiven Unterstützung, die ich hier erfahre, möchte ich mein Ziel erreichen, noch in diesem Jahr meine Wunschausbildung zu beginnen“, so einer der beiden jungen Männer, die anonym bleiben möchten. Der zweite ergänzte: „Hier wird man langsam, aber intensiv an das Arbeitsleben herangeführt. Ohne die Jugendwerkstatt würde ich vermutlich zuhause rumhängen oder sogar Mist bauen. Jetzt erfahre ich Anerkennung für meine Arbeit und habe eine Tagesstruktur. Beides hilft mir dabei herauszufinden, welchen beruflichen Weg ich einschlagen möchte“. Mit Blick auf die aktive Arbeit mit Senioren ergänzte Gabriele Morkramer, gerontopsychiatrische Pflegekraft und Fachanleiterin der Caritas-Jugendwerkstätte für diesen Bereich: „Die Zusammenarbeit gerade mit den alten Menschen ist eine unwahrscheinlich schöne Geschichte, denn es ist eine Arbeit von Mensch zu Mensch“. Einige ehemalige Teilnehmer*innen hätten sich für eine berufliche Zukunft in der Altenpflege entschieden, so dass hier aus der Jugendwerkstatt heraus neue Fachkräfte in einem Mangelberuf generiert werden konnten. 

Die Schwerpunkte der Arbeitsfelder in der Jugendwerkstatt des Caritasverbandes liegen in den Bereichen Hauswirtschaft, Seniorenarbeit und Kinderbetreuung; bei der Labora können die Teilnehmer*innen in den Bereichen Handel/ Verkauf und in der Kreativwerkstatt berufliche Erfahrungen sammeln. In beiden Werkstätten stehen jeweils rund 20 Plätze zur Verfügung, wobei einige wenige Plätze zur Schulpflichterfüllung für schulmüde Jugendliche vorgehalten werden. 

„Die Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen ist in erster Linie Beziehungsarbeit und basiert auf Verbindlichkeit und Verlässlichkeit. Für beides ist langjähriges und erfahrenes Personal erforderlich. Dem Fachkräftemangel muss hier mit Sicherheit und Beständigkeit begegnet werden. Daher fordern wir von der Landesregierung die Auflage eines Landesprogramms oder zumindest die Übernahme von Bürgschaften für die bestehenden Jugendwerkstätten, damit diese unerlässlichen Angebote die langfristige Planungssicherheit erhalten, die sie brauchen. SPD und CDU müssen dem Landtagsbeschluss endlich Taten folgen zu lassen“, fasst Julia Willie Hamburg die Ergebnisse ihres Einblicks in die Peiner Praxis abschließend zusammen. 

Text: Stefanie Weigand

Foto: Claudia Wilke

zurück

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>